Das ABC fürs erfolgreiche Verhandeln

Peter Krebs setzt sich als Professor an der Universität Siegen mit Verhandlungen auseinander. Dabei hat er wichtige Tricks ausgemacht, um Verhandlungen zum Erfolg zu führen. Ute Blindert hat seine Tricks um Tipps aus dem Arbeitsleben ergänzt.

Ablenkungstaktik: Droht die Gegenseite einen entscheidenden Punkt zu erkennen, setzt man alles daran, dass sie den entscheidenden Punkt nicht findet. Auf einmal versteht man etwas nicht mehr, stellt unerwartete Forderungen oder wird emotional. Ein häufig verwendetes Mittel von Vorgesetzten, wenn Sie einen wichtigen Punkt ansprechen. Diese weichen dann auf andere Schauplätze aus, stellen Fragen in den Vordergrund, die eigentlich gar nicht Gegenstand der Verhandlung sind. Beispiel: Sie leisten in Teilzeit hervorragende Arbeit und erzielen gute Ergebnisse, die sich auch belegen lassen. Ihr Vorgesetzter weicht dann aus und bezieht sich auf einmal nur noch darauf, dass Sie ja kaum vor Ort sind und immer so früh gehen. 

Ampelsysteme: Einzelne Vertragspunkte werden intern nach ihrer Wichtigkeit klassifiziert (von vollständig disponibel bis unverzichtbar). Von der Bewertung hängt ab, ob sie überhaupt zu Disposition gestellt werden und was als Gegenleistung verlangt wird. Beispiel: Bei einer Gehaltsverhandlung bietet sich dies oft an: Überlegen Sie sich, was Sie noch anbieten können und auf was Sie notfalls auch verzichten können, zum Beispiel garantiert freie Wochenende versus Dienstreisen während der Woche. 

Anchoring: Grob verallgemeinernd nutzt das Ankern die Tatsache aus, dass häufig große Unsicherheit über den gerechten Preis besteht. Mit dem ersten genannten Preis einer Seite wird ein (subjektiver) Anker gesetzt. Das Gegenangebot ist der Gegenanker. Da bei fehlenden besseren Informationen eine Tendenz dazu besteht, die Mitte zwischen den beiden Ankern als fairen Kompromiss zu empfinden, legt dies einen Anker weit entfernt vom gewünschten Zielpreis nahe. Wichtig ist es, dass der eigene Anker nicht als rein subjektiv erscheint.
Tipp: Daher kann es sich durchaus lohnen, wenn Sie bei Gehaltsverhandlungen als erstes Ihre Gehaltsvorstellung in den Raum stellen!

Basartaktik: Stellen Sie sich eine Situation wie auf dem Flohmarkt oder eben dem orientalischen Basar vor: Beide Partner nennen weit voneinander entfernte Preise. Dann verhandelt man schnell und bewegt sich aufeinander zu. Hier passt das Bild des „negotiation dance“. Das emotionale Engagement ist im Regelfall nur gespielt, behindert also nicht die Einigung. Aufgrund der Bereitschaft zu dieser Form des „Feilschens“, besteht eine Verhandlungsbreitschaft trotz der weit entfernten Anker. Es kommt seltener zum Stop der Verhandlung. Es gibt allerdings Verhandlungsgegner, die durch eine solche Taktik ihr Produkt oder sich selbst nicht hinreichend ernst genommen fühlen.

Tipp: Je nachdem wie Ihr Chef tickt, kann dies eine gute Taktik bei Ihrer Gehaltsverhandlung sein. Vor allem dann, wenn er selbst ein Feilscher ist. Achtung: Lassen Sie sich von der Schnelligkeit nicht dazu verleiten, zu schnell einzuschlagen. Hier hilft Humor und ein laut ausgesprochenes „Stopp!“: „Habe ich Sie so verstanden, dass … Das sieht ja nach einer guten Einigung für beide Seiten aus. Ich habe alles notiert und geben morgen Bescheid, ob wir den Vertrag so aufsetzen können.“

Begründungslast (Argumentationslast): Bei Argumentationen hat es immer der schwerer, der etwas begründen muss. Gelingt es daher die eigene Position als die nicht zu begründende Regel und die Gegenposition als die zu begründende Ausnahme darzustellen, hat es die Gegenseite schwerer sich hier durchzusetzen. Dem dient es z.B. wenn darauf verwiesen wird, dass schon früher etwas in einer gewissen Weise gemacht wurde. Der Andere soll dieses frühere Verhalten als Regel akzeptieren und eine gewünschte Abweichung begründen müssen. Wichtig: Ein Argument, mit dem Chefs oft arbeiten: „Sie haben ja Vorstellungen! Das haben wir ja noch nie so gemacht. Das passt nicht zu uns, was sollen denn Ihre Kollegen sagen?“

Beschränkte Verhandlungsmacht: Gibt man Jemanden eine beschränkte Verhandlungsmacht, so muss dies kein Zeichen von Misstrauen in die Verhandler sein. Die beschränkte Verhandlungsmacht ist vielmehr ein Instrument starkem Verhandlungsdruck einer tendenziell verhandlungsmächtigeren Seite zunächst standzuhalten. Letztlich bedarf es allerdings doch einer Entscheidung, ob dem Druck nachgegeben wird. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass auch die Ergebnisse etwas besser als ohne solche Beschränkungen sind. Teilweise wird seitens der Verhandler insoweit auch nur geblufft, also eine eigentlich nicht vorhandene Beschränkung behauptet.
So arbeiten oft auch Vorgesetzte, wenn Sie merken, dass Sie für Ihre Forderungen gute Argumente haben: „Prinzipiell stimme ich Ihnen zu, aber ich kann das leider nicht entscheiden. Da muss ich erst mit der Abteilungsleiterin sprechen.“ Dann sagen Sie einfach: „Prima, dann sind wir ja grundsätzlich einig. Wann soll ich einen gemeinsamen Termin ausmachen?“

Bluff: Häufig wird in Verhandlungen hinsichtlich des eigenen BATNA (Best alternative to negotiated Alternative) geblufft. Ziel ist es von der Gegenseite sonst nicht erzielbare Zugeständnisse zu bekommen. In moderater Form ist diese Taktik nicht nur verbreitet sondern auch erfolgversprechend. Eine deutlich übertriebene Darstellung des eigenen BATNA fällt jedoch bei sorgfältiger Analyse meist auf. Gegenstand des Bluffs kann aber auch eine Drohung sein. Sie haben noch ein weiteres Vertragsangebot in der Tasche? Super, wie wäre es, wenn Sie sagen: „Es gäbe noch weitere Alternativen, welche Möglichkeiten haben Sie, mich von Ihrem Unternehmen zu überzeugen?“

Bogey: Eine unbedeutende oder wenig bedeutende Frage wird gegenüber der Gegenseite als sehr wichtig angegeben, um für ein Nachgeben in diesem Punkt einen hohen Preis zu bekommen. Es erfordert allerdings einiges Geschick eine unbedeutende Frage als wichtig erscheinen zu lassen, wenn die Gegenseite aufmerksam ist. Von Arbeitgebern werden hierbei oft Bestandteile des Gehalts betont, die für den Mitarbeiter gar nicht so bedeutsam sind, zum Beispiel das Firmenhandy oder das Jobticket.

Tipp: Gerade bei der Planung von Lohn und Gehalt in kleineren Unternehmen oder bei Selbständigen können das wichtige Punkte in der Geschäftsplanung sein, denn natürlich zahlt ein Arbeitgeber andere Abgaben auf diese Bestandteile als auf Ihren Bruttolohn. Ein Arbeitgeber wird sich auch immer im Vorfeld damit auseinandersetzen und zum Beispiel in der entsprechenden Software recherchieren. 

Deadlines: Durch tatsächliche und künstliche Deadlines wird Druck auf die Gegenseite ausgeübt. Es lässt sich aber auch für Klarheit über bestimmte Fragen bzw. den gesamten Vertrag zu einem fixen Zeitpunkt sorgen.
Selbst gesetzte Deadlines wirken ähnlich, wenn auch psychologisch etwas schwächer als Drohungen. Man muss sich allerdings zuvor überlegt haben, wie auf eine abgelaufene Deadline reagiert werden soll. Passiert ohne triftige Begründung nichts, verliert die Deadline ihre Wirkung als Instrument. Deadlines können auch ein Instrument sein, auf der Gegenseite Zeitnot zu erzeugen. Tipp: Lassen Sie sich durch Deadlines (zunächst) nicht aus der Ruhe bringen. Man legt Ihnen einen geänderten Arbeitsvertrag vor? Unterschreiben Sie NIEMALS sofort, sondern denken Sie in Ruhe nach (und sprechen mit einem Arbeitsrechtler). Man schickt Ihnen ein Jobangebot zu und bittet um Rücksendung in drei Tagen? Auch hier nehmen Sie sich die Zeit zu überlegen und eventuell bei Ihrem Wunschunternehmen nachzufragen, wie denn dort der Stand der Kandidatenauswahl ist. 

Eindruck (erster und letzter): Da der erste und der letzte Eindruck weitaus prägender als die Eindrücke zwischendurch sind, ist es lohnend, sich sowohl um einen positiven ersten Eindruck als auch vor allem um einen positiven letzten Eindruck zu kümmern. Dabei geht es nicht nur um Versöhnungsgesten nach vielleicht langen, harten Verhandlungen. Es wird sogar empfohlen, mit einem nicht erzwungenen Nachgeben in einem Nebenpunkt, Verhandlungen abzuschließen. Die Gegenseite beendet die Verhandlung insoweit mit einem Erfolgserlebnis (dem Nachgeben) und behält diesen Verhandler und sein Unternehmen in positiver Erinnerung.

Einschüchterungstaktik: Bei der Einschüchterungstaktik versucht eine Seite die andere allein durch die Darstellung ihrer schieren Größe, Ihrer Möglichkeiten etc. einzuschüchtern, um die Verhandlungen im eigenen Sinn zu beeinflussen. Dies geschieht insbesondere im Verhältnis von großen Unternehmen zu kleinen Unternehmen. Mittel sind z.B. Imagepräsentationen, Vorführungen, die Einladung der Gegenseite in eigene große, imposante Gebäude, ein demonstratives Wartenlassen vor der Verhandlung etc. Diese Taktik ist nicht selten in der Lage, über das tatsächliche BATNA zu täuschen. Sie kann allerdings dazu führen, dass kleine Unternehmen, da sie aufgrund einer solchen Demonstration der Stärke keinen fairen Interessenausgleich erwarten, auf den Vertragsschluss verzichten.

Flinch: Starke negative physische Reaktion auf einen Vorschlag der Gegenseite. Eine solche Reaktion wirkt, wenn sparsam verwendet, weitaus stärker als ein verbaler Protest und ist häufig in der Lage, dem anderen deutlich die Unangemessenheit seines Verlangens zu signalisieren.

Gender: Dass es geschlechterspezifische Verhandlungsunterschiede gibt, lässt sich nachweisen. Männer verhandeln im Durchschnitt stärker kompetitiv als Frauen, wollen also möglichst auch den letzten Cent aus der Gegenseite rausholen. Für Männer sind die Verhandlungen auch für die Bestätigung des eigenen Status sehr wichtig. Dies bedeutet, dass grade am Beginn der Verhandlung statusorientierte Machtspiele nicht selten sind. Männer verhandeln relativ häufig sehr aggressiv, verfügen aber nach Abschluss der Verhandlungen über aggression abbauende Rituale, z.B. in Form eines gegenseitigen Schulterklopfens oder dem Besuch einer Bar.

Frauen verhandeln im Schnitt weniger aggressiv und weniger kompetitiv: Sie suchen eher nach kooperativen Lösungen. Aggressive männliche Verhandlungsführung hinterlässt bei Frauen häufig einen längerfristig negativen Eindruck. Frauen deuten bestimmte Anliegen eher an, als dass sie klar ausgesprochen werden. Welche Verhandlungstaktik mittelfristig also unter Berücksichtigung der Vertragsdurchführung und von Folgeverhandlungen erfolgreicher ist, ist bisher nicht erfolgreich untersucht worden. Auch wie Männer am besten auf Frauen und umgekehrt reagieren sollten oder worin sich die Schwächen und Stärken gemischter Verhandlungsteams zeigen, ist noch weitgehend offen.

Gesicht der Gegenseite wahren: Auch wenn das Wahren des Gesichtes in Deutschland keine ganz so große Rolle spielt wie z.B. in arabischen Ländern oder in Ostasien, sollte selbst bei rein deutschen Verhandlungen immer darauf geachtet werden, dass sie für die Gegenseite gesichtswahrend erfolgen. Auf jeden Fall zu vermeiden sind Handlungen, die den Verhandlungsführer der Gegenseite oder das Unternehmen demütigen. Dazu gehört z.B. dass Missverständnisse oder gar grobe Fehler des Verhandlungsführers der Gegenseite nicht triumphierend korrigiert werden dürfen. Dem anderen muss eine unverfängliche Möglichkeit zum Erkennen des Fehlers gegeben werden. Notfalls muss man absichtlich selbst einen Fehler machen, um zu einem emotionalen Ausgleich zu kommen. Tipp: Eine meiner Klientinnen hatte ihr Gehalt im Verlauf mehrerer Gespräche sehr gut verhandelt. Jetzt ging es nur noch um den Zeitpunkt der Einstufung in die nächst höhere Engeltgruppe. Sie und ihr Chef waren sich bis auf drei Monate Wartezeit entgegengekommen. Ihre Frage: „Soll ich sofort auf die höhere Einstufung dringen?“ habe ich klar verneint: Sie ließ ihrem Chef den kleinen Triumph und arbeitet heute noch zufrieden bei dem Unternehmen.

Nichtlineare Kompromisse: Verhandler haben häufig den Auftrag eine klare Zielmarke zu erreichen. Besonders stark ist der Druck in diese Richtung, wenn die Verhandlungsergebnisse zumindest partiell veröffentlicht werden. Hier bieten sich nichtlineare Kompromisse, z.B. veränderte Laufzeiten bei Lohnverhandlungen an. Die sensiblen Preiszahlen werden also durch andere Werte, die das Verhältnis von Preis und Leistung relativiert. Der Erfolg dieser Art Kompromiss beruht darauf, dass die Auftraggeber meist nur darauf schauen, ob ihre Vorgabe eingehalten wurde. Tipp: Man kann Ihnen nicht mehr Gehalt zahlen? Wie wäre es mit zwei zusätzlichen Urlaubstagen? Oder einem Tag im Home-Office? Oder den Tickets zu den spannenden Fachkonferenzen in den USA? 

Offene Fragen: Der Verhandlungserfolg hängt ganz wesentlich vom Wissen über die Gegenseite, ihre Ziele und ihre Verhandlungsmacht ab. Offene Fragen (Wer, was, wann, wo, wieviel, warum?) gelten insoweit als am erfolgversprechendsten, da es häufig Nebeninformationen sind, die wertvoll sind und die im Rahmen einer Antwort auf eine offene Frage eher gegeben werden.

Salamitaktik: Mit der Salamitaktik werden kurz vor Abschluss des Vertrages immer wieder kleine Forderungen „scheibchenweise“ vorgetragen, die die Gegenseite aus Rücksicht auf den kurz vor Abschluss stehenden Vertrag akzeptiert. In der Summe wird so häufig stärker nachgegeben, als wenn man alle Forderungen sofort benannt hätte.
Allerdings wird diese Taktik häufig zu einer gewissen Verschlechterung des Verhandlungsklimas führen. Im Englischen wird diese Verhandlungstaktik mit dem Satz „just one more thing“ beschrieben und „the nibble“ genannt.

Tiefstapeln: Bei Teilerfolgen, aber auch bei einem insgesamt sehr erfolgreichen Abschluss für die eigene Seite, ist es empfehlenswert keinesfalls zu triumphieren, sondern das Ganze als angemessenen Ausgleich der Interessen anzusehen. Anderenfalls muss man damit rechnen, dass der Vertrag letztlich doch nicht wirksam wird, bzw. die Gegenseite jedenfalls für die Zukunft ähnliche Vertragsschlüsse vermeiden will.

Unvollendete Lösungsvorschläge: Unvollendete Lösungsvorschläge werden vorgeschlagen, damit die Gegenseite durch die Vollendung des Lösungsvorschlages das Gefühl bekommt, sie hätte Wesentliches zum Erfolg der Verhandlung beigetragen.

Zuhören: Die meisten Verhandler verhandeln gern aktiv. Dem Anderen zuzuhören ist sehr wichtig, da nur so ein Maximum an Informationen gewonnen werden können. Der Andere soll das Gefühl der Gleichheit haben und die Möglichkeit haben sich auszusprechen. Dieser Punkt kann für Sie sehr wichtig sein: Was sind die Ziele Ihrer Chefin? Wo können Sie sie bei Ihrem Erfolg unterstützen? Wenn Sie sich dann als Lösung präsentieren können, können Sie auch mehr durchsetzten!

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