„Erwachsen-Werden wird überschätzt.“ Martin Krengel, Digital-Nomade und Autor im Interview

Dr. Martin Krengel, mehrfacher Bestseller-Autor, berichtet von seinen
spannenden Experimenten seiner Weltreise, die er in seinem neuem Buch
„Stoppt die Welt – ich will aussteigen!“ beschrieben hat.

Dr. Martin Krengel ist Psychologe, zehnfacher Buchautor und Motivationsexperte. Er studierte Kulturpsychologie und Wirtschaft und schrieb u.a. die Selbstmanagement-Bestseller „Golden Rules“ und „Bestnote“. Der umtriebige Unternehmer liebt es auch mal grünäugig und barfuß durch die Welt zu laufen – auch wenn es unvernünftig erscheint.

Wie kommen Sie zu diesem ungewöhnlichem Titel?

„Stoppt die Welt, ich will aussteigen!“ ist ein Gefühl, was viele von uns sehr gut
kennen. Täglich sind wir in Hektik und Stress, weil uns tausende Aufgaben,
Informationen und Angebote überfluten. Wer will da nicht einfach mal auf die
„Pause“-Taste drücken und mal durchatmen?

Worum geht es in dem Buch?

Martin Krengel: Stoppt die Welt, ich will aussteigen! Kuriose Abenteuer einer Weltreise (Arschtritt inklusive). Eazybookz 2015
Martin Krengel: Stoppt die Welt, ich will aussteigen! Kuriose Abenteuer einer Weltreise (Arschtritt inklusive). Eazybookz 2015

Das Buch ist ein lebhafter Reisebericht: Ich betrachte die Welt auf meine eigene, sehr spitzfindige Weise. Ich beschreibe meine kuriosen Abenteuer in einigen der spannendsten Städte wie Rio, New York oder Peking und was ich im Kontrast dazu an den abgelegensten Ort dieser Welt erlebt habe – z.B. wie ich bei -17° Grad in einem mongolischen Jurtenzelt nächtigte, im Südseestaat Tonge gestrandet bin oder einen Kokusnuss-Wurm in brasilianischen Urwald vernaschte.

Doch hinter dem Humor steckt auch ein Entwicklungsroman mit Tiefgang: „Stoppt die Welt“ berichtet von einem jungen Menschen der auszog, um die Welt zu sehen – und um erwachsen zu werden. Er bereist 20 Länder und stellt sich Rückschlägen, Überraschungen, Schwierigkeiten. So entwickelt er seine Persönlichkeit und Improvisationstalent. In jedem Kapitel, hinter jeder Station, schwingt eine wichtige Lernerfahrung mit, die zu einem überraschenden Ende führt.

Was hat es mit dem „Arschtritt“ auf sich?

Ja, der Zusatz im Untertitel „Arschtritt inklusive“ ist mir wichtig. Darum geht es in dem Buch letztendlich: Nicht um meine Reise, sondern um den Leser. Ich will ihn zum Nachdenken anregen, motivieren, anstupsen.

Ein „Reise-Verführer“ also, wie Sie schreiben.

Auch. Ich will wachrütteln. Es geht mir um große und kleine Träume. In jedem schlummert dieses „Wenn ich doch nur …“. Wir haben alle Wünsche, Träume, Geheimnisse. Das kann eine Reise betreffen, einen Jobwechsel, oder einen
faszinierenden Menschen, den wir doch ach so gerne kennen lernen möchten. Doch was machen wir, statt anzupacken und uns das zu holen, von dem wir träumen? Wir zögern, hadern, zaudern.

Woran liegt das?

Es ist eine Form der Prokrastination und Selbst-Sabotage. Gerade Dinge die wir uns am sehnlichsten wünschen, machen uns oft die größte Angst. Und so glauben wir, dass wir vorsichtig vorgehen müssen und wollen erst einmal alle Informationen und Sicherheit haben, ob der Schritt der richtige ist, den wir gehen wollen. Damit beißt
sich die Katze aber in den Schwanz. Denn wenn wir die Dinge nicht testen und probieren, fehlen uns die Erfahrungen um zu beurteilen, ob dieser Schritt in diese Richtung so gut ist. Ein Hader-Kreis!

Kennen Sie das auch persönlich?

Absolut. Doch ich habe angefangen, kleine Testballons zu starten um zu sehen wie es wäre wenn … Ich habe einen Zeichenkurs in Florenz gemacht, Schauspielunterricht in Los Angeles genommen und probehalber in New York
gelebt. Das waren jeweils nur 4 bis 6 Wochen, doch es hat mir gereicht, um diese Träume zu erfüllen. Ich musste nicht je ein ganzes Lebensprojekt dafür widmen.

Macht Sie das glücklich?

Ja, es hält meinen Geist in Bewegung, mich den Herausforderungen zu stellen. Vor allem habe ich festgestellt, dass ich Dinge, die ich gar nicht versuche, stärker bereue als jene, die ich probiert habe, aber an denen ich gescheitert bin.

Warum haben Sie das Buch geschrieben?

„Traue deinen Träumen!“ – diese Botschaft möchte ich all denen vermitteln, die in sich einen Wunsch hegen, sich aber nicht trauen ihn anzupacken. Jeder von hat etwas in sich, das er verbirgt, weil es ihm unrealistisch erscheint, oder es ihm Angst bereitet. Als ich von der Weltreise berichtet habe, haben mich viele ungläubig
angesehen, als sei ich ein Morgenmensch, der falsch abgebogen ist. Da kommst du selbst ins Zweifeln, was du da tust. Ich möchte einfach Inspiration sein und nehme den Leser mit auf den Weg von der ersten Idee bis hin zur Rückreise.

[clickandtweet handle=“@Karriereletter“ hashtag=“#digitalernomade“ related=“@MartinKrengel“ layout=“card“ position=“left“]Martin Krengel: „Traue deinen Träumen!“[/clickandtweet]

Ein „Tschakka-„Motivationsbuch also.

Eben nicht. Zu behaupten ein großes Ziel zu erreichen und einen Traum zu erfüllen sei einfach und man müsse nur daran glauben ist nicht seriös. Motivationsgurus schaffen mit ihren Sprüchen erstmal viel Energie. Doch dann laufen die Leute aufgeregt los und wundern sich bei der ersten Hürde, dass es doch nicht so einfach
ist. Viele geben dann auf, weil sie mit diesem Widerstand nicht gerechnet haben.
Doch Träume zu erfüllen ist mitunter harte Entwicklungsarbeit – an sich selbst, an seinem Umfeld. Ich will zeigen, wie es sich anfühlt mit den inneren und äußeren Widerständen zu verhandeln, um herauszufinden, was das Beste für einen ist.

Das klingt ernst. Ihr Buch kommt aber sehr farbenfroh daher.

Ja, wir haben 350 beeindruckende und witzige Farbbilder in dem Buch. Das ist einzigartig für einen Reisebericht. Der positive Grundton sollen unterstreichen, dass es sich absolut lohnt, seinen eigenen Weg zu gehen.

Klingt gut. Wie sah denn Ihr Weg aus?

Ich hatte Pläne, mit meiner Freundin ein Appartement in Berlin zu finanzieren, Nestbau und so. Wir waren ja beide Anfang dreißig und da wird´s langsam „ernst“. Also wollte ich diese Reise machen, um danach „Erwachsen zu werden“ und ins geregelte, pflichtbewusste Leben zu gehen – ohne eben das Gefühl zu haben, ich hätte etwas verpasst oder nicht getan …

Und dann kam alles ganz anders …

Ja, eine Reise packt dich. Reist deine Gedanken mit. Überwältigt und erfüllt dichgeistig-emotional-körperlich.

… eine Reise bewegt „Beine und Kopf“, wie Sie so schön im Vorwort schreiben …

[clickandtweet handle=“@Karriereletter“ hashtag=“#selbstmanagement“ related=“@MartinKrengel“ layout=“card“ position=“left“]Erwachsen werden wird vollkommen überbewertet.[/clickandtweet]

Jedes Land dieser Reise steht für mich für einen bedeutenden Lerneffekt, den ich manchmal klar und manchmal zwischen den Zeilen im Buch nachempfinden lasse. Am Ende der Reise war ich so gestärkt und verändert, dass ich erkannte:

  1. Erwachsen werden wird vollkommen überbewertet.
  2. Ich muss nicht in Deutschland sein um Geld zu verdienen.
  3. Ich brauche nicht immer zu wissen, wohin mich der nächste Schritt führt.

Reisen ist ein „Persönlichkeits-Turbo“, das beste Selbstcoaching, sagen Sie …

… denn weit weg bist du verdammt nah an dir selbst! (Allein-)Reisen ermöglicht dir, dich mit dir, deinen Gedanken und Stimmungen tiefer auseinanderzusetzen. In den Stunden des Aus-dem-Bus-starrens, Gedankenversinkens oder in den Zeiten in denen es dir auch mal schlecht geht – da werden ganz wichtige Synapsenverbindungen neu gelegt.

Der „Persönlichkeits-Turbo“ des Reisen kommt daher, dass wir beim auf Achse-sein viele Prozesse schnell und wiederholt durchleben, die unverzichtbar für unser tägliches Leben sind. Auf Reisen übst du täglich in Geduld, Entscheiden, Flexibilität, Unsicherheit aushalten und lernst immer wieder unterschiedlichste Leute kennen.

Sie raten also jeden zu einer solchen Reise?

In jedem Fall! Ich glaube wir könnten die Ausbildung um ein Jahr verkürzen und die Leute lieber in die Universität des Lebens schicken. Aber nicht jeder kann zu jederzeit eine solche Reise machen, das ist mir klar. Deswegen ist das Buch ja eine sehr authentische Beschreibung im Präsenz, und fängt die Schocks, Aha-Momente und Erlebnisse möglichst ungeschminkt ein, so dass sie selbst meine Oma auf dem Sofa miterleben kann. (In der Tat liest meine 86-jährige Oma gerade jeden Abend ein Kapitel aus dem Buch als Gute-Nacht-Lektüre.)

Wie haben Sie sich denn die Reise finanziert?

Wenn ich 100 Personen von meiner Reise erzähle, fragen mindestens 90 als erste: „Was hat es gekostet?“ Das sagt viel über unsere Kultur aus. Man schaut zuerst auf das Hindernis. Viel wichtiger sind doch die Fragen: „Was hast du erlebt?“, „Was hat es dir gebracht?“, „Was hast du gewonnen?“ Für mich waren die Erlebnisse so intensiv, es kam mir gigantisch lang vor – ich fühle mich nun, als hätte ich zweimal gelebt.

Aber zugegeben: Mein Sparschwein war nach der Reise stark verwundet – ich hätte mir von dem Geld einen schnieken VW Golf mit sauberen Abgaswerten kaufen können (grinst). Aber lieber würde ich mein Leben lang mit dem Fahrrad fahren als auf diese Erfahrung zu verzichten.

Und woher hatten Sie das Geld?

Das Thema ist sehr umfangreich – umd diese Frage zu beantworten habe ich eine eigenes ebook „99 Wege vor, nach, während oder mit einer Reise Geld zu verdienen“ geschrieben, dass man auf martinkrengel.com herunterladen kann.

Hier nur so viel: Ich habe neben meiner Doktorarbeit vier Bücher geschrieben und 30 bis 40 Seminare pro Jahr gehalten, so dass ich ein Stück weit vom Ersparten und von den laufenden Buchverkäufen leben konnte. Zudem habe ich immer mal wieder ein paar Zeilen getippt oder die Geschäfte in Deutschland mit Blick auf den Strand
koordiniert.

Auf diese Weise konnte ich recht luxuriös reisen. Luxuriös heißt für mich nicht Exklusivität sondern Flexibilität: Flüge erst 3 Tage vorher buchen, oder ich nahm mir eher Einzelzimmer als Hostels. Ich hab einmal in einem Hostel in Auckland geschlafen, es war aber so laut dass ich überhaupt nicht schlafen können. Ich habe 20 Euro gespart, aber einen ganzen Arbeitstag eingebüßt, an dem ich 200 Euro hätte verdienen können. Seitdem habe ich mir einfache Hotels geleistet, da gab es guten Schlaf, Tische, Internet und guten Kaffee, so dass ich dort gut schreiben oder
arbeiten konnte.

Es ist ein Irrtum ist, dass Reisen sehr teuer sein muss. Ich konnte meine laufenden Kosten in Deutschland auf ca. 200 Euro für Versicherungen runterfahren, habe mein Auto verkauft, die Wohnung vermietet. In Südostasien oder in den Anden kann ich bereits für ca. 25 Euro pro Tag recht gut leben. Wer langsam reist und Busse als Transportmittel vorzieht, kann damit auf Achse deutlich günstiger als in Deutschland leben.

… als digitaler Nomade?

Ja! Inzwischen hat sich einige Netzwerke gebildet, die sich über das Leben und Arbeiten im Ausland austauschen. Es bilden sich gerade auch immer mehr Zentren von Freiberuflern oder Unternehmern, die an bestimmten Orten in Thailand, Kolumbien oder Bali sich rege austauschen und gemeinsam mit Blick auf den Strand
oder die Berge co-worken.

Haben Sie jetzt nach der Reise ihren Lebenssinn gefunden?

Die Reise hat mehr Fragen aufgeworfen als beantwortet. Aber es sind gute Fragen. Die richtigen. Ich habe erkannt: Ich werde wohl nie „fertig“ sein, sondern immer nur einen Schritt weiter gehen. Das Fazit meiner Reise lautet daher: Sich den richtigen Fragen im Leben zu stellen ist spannender, als alle Antworten zu kennen!

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